Einige Stationen aus meinem Leben... |
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Ganz anders bei mir: Ich war ALLEIN zur Einschulung, ohne Familie, ohne Verwandte - nur begleitet von
Frau Lindemann - einer mir völlig fremden Frau. Aber genau sie war es, die mir ihre Hand reichte und mir damit die Angst vor all dem
Neuen, die sich vor mir wie eine unüberwindbare Mauer aufgetürmt hatte, genommen hat.
48 Jahre später - aus Anlass eines Klassentreffens - traf ich Ingrid E. wieder. Sie gab mir ein Foto von unserer Einschulung und fragte mich,
ob ich denn auch welche habe. Ich sagte ihr, dass es keine Fotos von diesem Tag gibt, aber dass ich mich daran erinnern kann, dass in
meinem „Elternhaus“ Fotos von meiner verstorben Schwester mit meiner Mutter und von meinem Halbbruder mit meiner Mutter
an der Wand hingen. Sie wurden bei einem Fotografen gemacht…
Ja, meine Eltern hatten keine Zeit mit mir zu meiner Einschulung zu gehen, geschweige denn, dass Fotos gemacht wurden…
Meine Lehrerin, Frau Lindholz - ein wunderbarer Mensch - war für mich die Frau, die mir das erste Mal in meinen Leben zeigte und
spüren ließ, was Geborgenheit, Harmonie und Wohlfühlen bedeutet - Lebensgefühle und Werte, die ich aus meinem
„Elternhaus“ nicht kannte.
Ganz eng verbunden sind meine Erinnerungen an sie mit dem Osterfest. In meiner Kindheit sind wir gemeinsam von der Schule zum Park
(heute der Neue Friedhof) marschiert und haben dort Ostereier gesucht (die ihre Kinder vorher dort versteckt hatten) - bunte Bonbons und
die großen, gesprenkelten Zucker-Eier, die es heute noch gibt. Immer, wenn ich diese irgendwo sehe,
denke ich unweigerlich an meine Lehrerin.
Frau Lindholz - das sind auch meine Erinnerungen an diAe Fackelumzüge durchs Dorf, die Wanderungen und Klassenausflüge und all
die zahlreichen Veranstaltungen, die sie auf dem Schulgelände organisiert hat - stets unterstützt durch ihre Kinder.
Dieser Frau habe ich es zu verdanken, was heute aus mir geworden ist.
Ich möchte gern, dass in Mehrow eine Gedenktafel oder eine Statue von Frau Lindholz errichtet wird, nicht nur als Andenken an die
letzte Grundschullehrerin des Ortes, sondern vor allem als Hommage an einen Menschen, der mich das wirkliche Laufen gelehrt, der Güte,
Harmonie und Nächstenliebe tagtäglich gelebt hat.
Diese Etappe der Bildung auf dem Lande darf nicht vergessen werden - weder als rein historisch-prägender Abschnitt für die Entwicklung des
Schulsystems noch, und dies insonderheit, unter menschlichem Aspekt. Dafür werde ich mich einsetzen - das ist ein Versprechen!